2018. Saison Auftakt am Grünten
2018-05-21

Eine dicke Schneedecke hat den Allgäuer Hauptkamm noch fest im Griff. Die Wandersaison ist in hohen Lagen derzeit nicht möglich; Wege wie Hütten sind noch im Winterschlaf. Alle? Nein! Einer hat den Schnee bereits in die Wüste geschickt. Einer, den wir seit Jahren links liegen lassen und dem wir bislang kaum Beachtung geschenkt haben. Zu Unrecht - wie dieser Saisonstart Ende Mai zeigen wird. Die Rede ist vom 1738m hohen Grünten. Dem Wächter des Allgäus. Nach diesem Tag wissen wir, dass er diesem Titel mehr als verdient hat. Es wird ein Auftakt in die Berg- und Wandersaison nach Maß.

Man erkennt den Grünten an dem rot-weißen Funkturm, den der Bayrische Rundfunk auf dem Gipfel aufgestellt hat, wenn man in Höhe von Sonthofen bereits das Allgäu im Visier hat. Sein von der Ferne doch etwas unscheinbares Aussehen lassen eher auf einen ambitionierten Spaziergang bergauf, anstatt auf eine ordentliche Wandertour schließen.

Irrtum Nummer 1. Unsere Route bietet geschmeidige 1000HM und 11KM. Nicht schlecht für ein Warming-Up im Allgäu und dazu ist der Grünten von Stuttgart aus locker um ein halbes Stündchen schneller zu erreichen, als das Kleine Walsertal.

Wir gönnen uns folglich einen gemütlichen Start gegen 8 Uhr in Stuttgart. Voller Vorfreude auf Berge ist die Fahrt bis Sonthofen kurzweilig. Im Ortsteil Winkel parken wir, schnüren die Stiefel und los geht’s. Es tut so gut, Bergluft zu schnuppern. Der Weg führt durch Wald und Wiesen, am Bach entlang und das frische Grün beseelt und beflügelt. Die Höhenmeter merken wir kaum. An einer Abzweigung geht es zum Vorgipfel (was dieser Grünten alles bietet!) – dem Burgsberger Hörnle und spätestens jetzt sind wir restlos begeistert. Dieses Hörnle will über einen leicht ausgesetzten, Drahtseil versicherten Steig bis zu seinem Gipfel erobert werden.

Irrtum Nummer 2. Das geht nicht mehr als Spazierganz durch. Als kleine Challenge tröpfelt es ein wenig und da heißt es jetzt wirklich Obacht geben, denn der Fels wird schnell rutschig. Belohnt für den Abstecher werden wir mit einer ersten fantastischen Aussicht auf das Allgäu.

Das macht Lust auf mehr und auf dem selben Weg geht es wieder retour und auf die letzten steilen Höhenmeter zum Grünten-Gipfel. Über einen kurzen Kamm marschieren wir zum Denkmal für gefallene Gebirgsjäger. Hier oben gibt es 360°C Panoramablick Berge. Alle sind sie da – wir schauen auf Illertal, Hörnergruppe und die Nagelfluhkette und natürlich die bekannten Allgäuer Gipfel. Auf wie viele dürfen wir wohl dieses Jahr steigen? Was wird die Saison bringen fragen wir uns. Es fehlen uns noch sooo viele in unserer Sammlung. Viel Zeit zum Verweilen bleibt leider nicht. Um uns herum türmen sich drastisch gefährlich dunkle Gewitterwolken auf; in der Ferne – in Richtung Schweiz treiben Blitze ihr faszinierendes Lichtspektakel und das begleitende Donnern ist bis hierher zu hören. Also Abmarsch.

Beim Bergab halten wir uns nie lange auf. Auch heute zum Saisonauftakt nicht. Im flotten Tempo geht es wieder nach unten. Wie beim Aufstieg begegnen uns auch jetzt nur wenige Menschen. Auch die Wanderer scheinen noch im Winterschlaf. Das war wohl auch den Gewitterwolken zu wenig Aufmerksamkeit – sie verziehen sich. Gerade rechtzeitig, als wir in der Nachmittagssonne auf eine Lichtung treffen. Eine Wiese bunt, frisch, einladend. Weit und breit niemand, außer ein paar Hummeln und Bienen. Da braucht es keine Worte zwischen uns. Die Rucksäcke landen im Gras. Socken, Schuhe – weg damit. Und dann gibt es eine geschmeidige Nachmittags-Siesta mit Grillen-Konzert. Vor uns, man mag kaum die Augen schließen, liegt das noch verschneite Allgäu. Was für ein Geschenk diese Zeit, dieser Raum ist. Luxus pur! Gibt es was Schöneres, als schon im Mai in den Bergen zu sein; zu spüren, der Sommer liegt noch vor uns. Ein Versprechen. Wunderschöne Tage kündigen sich an.

Wir trennen uns nur ungern von diesem idyllischen Freiraum. Gegen 19 Uhr sind wir am Parkplatz. Wir sind die einzigen, die noch unterwegs sind. Machen den Kofferraum vom Kombi auf, bereiten ein Picknick und lassen diesen Tag und diesen Augenblick nur ungern zu Ende gehen.

Als die Dämmerung den Abend einläutet packen wir zusammen. Mit einem Gefühl tiefer Dankbarkeit geht es genauso schnell nachhause, wie es am Vormittag zum Grünten ging.

Die Erinnerung an diesen Saisonauftakt hallt nach. Wir werden ihn bei der nächsten Fahrt in die Allgäuer Berge ganz sicher nicht achtlos links liegen lassen, sondern ihn mit einem wundervollen Tag verbinden.

Der Grünten ist auf jeden Fall ein Besuch wert! Empfehlenswert. Besonders zu Beginn der Saison.